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"Wir müssen mit einem dramatischen Wandel in der Landschaft der Automobilindustrie rechnen; ähnlich dem Moment, als die Postkutsche durch das Automobil ersetzt wurde." - Hajo Weber

Die erste Produktion eines Fahrzeugs mit Gasantrieb fand 1887 statt, über hundert Jahre, nachdem das erste dampfbetriebene Fahrzeug 1769 erfunden wurde. Das Aufblühen der Branche kam jedoch erst mit den beiden Weltkriegen, die als Katalysatoren für die Entwicklung der Motorentechnologie wirkten. Eine ähnliche Rolle spielt die Corona-Pandemie für die weltweite Digitalisierung, die auch die Automobilindustrie umfasst. Die Beschleunigung des digitalen Wandels durch die Pandemie vergrößert die Lücke von Nachfrage und technologischem Stand der klassischen Anbieter und gibt Technologiekonzernen aus den USA und Asien einen Wettbewerbsvorteil durch die Möglichkeit, diese Lücken zeitnah zu füllen. Traditionelle Automobilhersteller geraten in Zugzwang und sind gedrängt ihren Zeitplan zu revidieren. Ähnliches gilt für Zulieferer der Branche. Dabei genießen amerikanische und asiatische Hersteller den Vorteil, die Marktführer in Sachen Digitalisierung innerhalb der eigenen Landesgrenzen zu haben. Es kommt die Ersetzung des Verbrennungsmotors durch Elektromotoren und anderen Antrieben hinzu. Viele Nationen haben bereits ein Datum für ein Verbot für Neuzulassung von Verbrennungsmotoren festgesetzt. In vielen anderen Regierungen wird darüber diskutiert.

LandCO-2 Ausstieg
Dänemark2030
Großbritannien2035
Frankreich 2040
Indien 2030
Irland 2030
Island 2030
Israel 2030
Kanada 2040
Niederlande 2030
Norwegen 2025
Schottland 2032
Schweden 2030
Slowenien 2030
Taiwan 2035

Auch in diesem Punkt scheinen die amerikanischen und asiatischen Hersteller aufgrund der Zugänglichkeit erforderlicher Ressourcen einen Vorteil zu haben. Große traditionelle Automobilhersteller haben in einer Zeit eines so rasanten Wandels den erheblichen Nachteil, dass sie mit Verträgen an Zulieferer und Warensortiment gebunden sind, was sie unbeweglich macht. Die Dynamik und Flexibilität von kleineren Unternehmen oder Technologiekonzernen, die ins Geschäft einsteigen, verschafft ihnen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil.

Dabei ist zu beachten, dass sich für verschiedene Sektoren der Branche verschiedene Szenarien abspielen können und werden: private Kraftfahrzeuge, Nutzfahrzeuge, Transportwesen und öffentlicher Verkehr. Die Umstände variieren je nach Verwendungszweck. Die Automobilindustrie macht jährlich über fünf Billionen Dollar Gewinn. Jährliche Neuzulassungen und Produktion liegen bei rund 70 Millionen, während über eine Milliarde Pkws bereits zugelassen sind. Die Hälfte der Produktion liegt in Asien, ein Drittel der Neuzulassungen in China. Das absatzstärkste Unternehmen ist der japanische Automobilhersteller Toyota, auch wenn der deutsche Konzern VW den größten Umsatz erzielt. 1980 hat Europa allein über 70% des Marktes ausgemacht, heute sind es 40%. Dabei spielt neben China auch Indien eine stets größere Rolle. Der Trend weg von Europa nach Asien hin wird durch die Digitalisierung und E-Mobilität beschleunigt. Die USA haltet seinen Platz als Nummer zwei. Die weitere Entwicklung der Branche wird durch drei Faktoren bestimmt:

- Der Wandel des klassischen Automobils vom reinen Fortbewegungsmittel zum digitalen Dienstleister.
- Umweltfreundliche Antriebe
- Kostenreduktion

Im Folgenden wollen wir einen kurzen Überblick der einzelnen Punkte geben:

Fahrende Computer:

Nach über hundert Jahren des Automobilmarktes, sinkt die Begeisterung der Kundschaft für Ps-Starke Fahrzeuge und verschiebt sich in Richtung digitaler Dienste. Der Präferenzwechsel der Kunden geht so weit, dass ein Rückgang des Führerscheinerwerbs bei der jüngeren Bevölkerung zu kennzeichnen ist. Die Zeit in autonom fahrenden Fahrzeugen zu nutzen, gewinnt für Individuum und Wirtschaft immer mehr an Bedeutung. Zeiteinsparungen und höhere Sicherheit im automatisierten Verkehr und das Wegfallen der Parkplatzsuche in Innenstädten sind zusätzliche Faktoren, die sich positiv auf die Gesamtwirtschaft und Wohlfahrt der Menschen auswirken werden. In diesem Zusammenhang ist der Einstieg von Apple in die Automobilindustrie ein bedeutender Schritt und wird Nachzügler mit sich ziehen und ein größeres Beben auslösen als Tesla. Dass die Wahl ihrer Partner auf einen asiatischen Hersteller (Hyundai) fällt, sollte der heimischen Industrie zu denken geben. Sollten andere Techgiganten wie Amazon oder Google, der zunächst mit Waymo sich überwiegend auf die Bereitstellung der Software konzentriert, in den kommenden Jahren ähnliche Schritte einleiten, sichern sich Hersteller, die sich auf eine Partnerschaft einigen können, ihren Anteil am künftigen Markt. Es ist zu erwarten, dass Automobilhersteller, die sich dem Wandel nicht anpassen, entweder aus dem Markt gedrängt oder zu Zulieferern der Automobilindustrie degradieren werden.

Antriebe:

Der Trend zu E-Autos geht einher mit der Digitalisierung der Fahrzeuge. Ein autonom fahrendes Fahrzeug ist auf die Elektronik angewiesen und somit auch auf hochwertige Akkumulatoren. Ein kleiner Fehler in der Stromversorgung könnte verheerende Ausmaße in solch einem Fahrzeug annehmen. Anders lässt sich der starke Hang zu einem Konzept, für dessen Beherrschung des Marktes nicht genügen Rohstoffe vorhanden sind, nicht erklären. Die optimistischsten Schätzungen der weltweiten Lithium-Reserven, würde nicht einmal die hälfte der Fahrzeuge weltweit abdecken. Zudem kommt die Konkurrenz mit dem Einsatz von Lithium-Ionen-Akkus in Smartphones, den die Automobilindustrie deutlich unterlegen. Für detailliertere Informationen siehe Energiewirtschaft Überblick.

Das Argument von CO2-Neutralität von Elektromotoren ist bei heutigem Stand der Energiewirtschaft nicht haltbar. Energie aus Kohlekraftwerken besitzt nach wie vor den größten Anteil an Stromerzeugung weltweit, was eine noch schlechtere CO2-Bilanz als Verbrennungsmotoren mit sich zieht. Erneuerbare Energien sind der prozentual am schnellsten wachsende Sektor in der Energiewirtschaft, doch liegt ihr Anteil im Moment noch bei 20% (In Deutschland über 40%). Werden die Entwicklung der Stromnetzwerke mit dem steigenden Anteil an Elektroautos verglichen, ist festzustellen, dass in den Industrienationen kein Überlasten des Stromnetzes droht. (Instantaner kompletter Umstieg auf Elektromobilität in Deutschland würde etwa 15% Mehrbedarf nach heutigem Stand bedeuten.) Weitere umweltfreundliche Antriebe mit einer neutralen CO-2 Bilanz ist die Brennstoffzelle, auf die sich neben Toyota, auch deutsche Automobilhersteller konzentrieren. Das Wasserstoffauto lässt sich schnell auftanken und hat hohe Reichweiten, vor allem im Teillastbereich.

Es ist jedoch anzumerken, dass Motoren auf der Basis von Brennstoffzellen mehr Strom benötigen als Elektromotoren, da sie einen kleineren Wirkungsgrad haben, d.h. die Verluste größer sind (Gesamtwirkungsgrad etwa 0,3). Da Wasserstoff in der Natur in reiner Form nicht vorkommt, wird er durch Elektrolyse vom Sauerstoff getrennt oder mittels Dampfreformierung aus Erdgas und Wasser hergestellt und gespeichert. In der Brennstoffzelle wird dieser Wasserstoff dann erneut zur Stromproduktion genutzt. Es liegt also ein doppelter Verlust vor, weshalb sie eine größere Belastung für das Stromnetz als Elektrofahrzeuge sind. Sie konsumieren mehr Strom, dessen Erzeugung z.Z. mit einem starken CO2-Ausstoß verbunden und daher nicht wirtschaftlich ist. Der größte Teil des Wasserstoffs kommt heute aus Dampfreformierung, womit das Wasserstoffauto die gleiche C02-Bilanz hat wie ein LPG-Fahrzeug.

Der größte ungewisse Faktor in diesem Zusammenhang, ist das Gelingen von Energiegewinnung durch Fusionsreaktoren, an denen seit vielen Jahrzehnten gearbeitet wird. Für alle Themen rund um Energiewirtschaft kann der oben erwähnte Artikel dienstlich sein. Das Sicherheitsrisiko beim Einsatz von Brennstoffzellenmotoren ist ein weiteres Argument gegen die Etablierung dieser Technologie. Wasserstoff ist nämlich ein sehr leicht entzündbares Element, was zusätzlich Sicherheitsfragen aufwirft. Die Speicherung innerhalb des Fahrzeugs ist eine komplexe Angelegenheit, der Wartungsaufwand sehr hoch. Ob sich der Brennstoffzellenmotor im Vergleich zum Verbrennungsmotor behaupten kann, hängt von der Entwicklung vieler Faktoren ab. Sollten die höheren Kosten beim Tanken aufgrund oben erwähnter Prozesse und Herstellung der Motoren mit fortschreitender Technologie abnehmen, kann sie als Ersatz zu Verbrennern herangezogen werden. Die geringe Verfügbarkeit von Lithium zum Bau von Elektromotoren wird den Weg für die Brennstoffzelle ebnen, sollten keine effektiveren Methoden gefunden werden, dass Lithium in Akkumulatoren einzusetzen. Bis sich eine flächendeckende Installation von teuren Wasserstofftankstellen lohnt, wird jedoch auch danach noch etwas Zeit verstreichen. Es ist durchaus möglich, dass in Zukunft Fahrzeuge mit kombiniertem Antrieb auf den Markt kommen, wodurch der Verbraucher zwischen Stadtverkehr und weiten Strecken das Beste aus beiden Antriebsarten rausholen kann. Die großen Automobilhersteller investieren in diverse Antriebsarten. Ob jeder große Hersteller jedoch die Bandbreite der Antriebe für Fahrzeuge abdecken wird oder sich auf bestimmte spezialisieren wird, bleibt abzuwarten.

Biokraftstoffe.

Biokraftstoffe aus ländlichem Anbau der ersten Generation sind gescheitert, da sie flächenintensiv waren und somit die Preise für Lebensmittel steigerten, was vor allem in Entwicklungsländern zu Problemen führte. Dennoch landet 40% der Maisproduktion in den Kraftstofftanks von Fahrzeugen. Die zweite Generation minimiert dieses Problem dadurch, dass die ganze Pflanze zur Herstellung von Treibstoff genutzt werden kann und somit nicht mehr auf Nahrungsmittel zurückgegriffen werden muss. Der Prozess ist allerdings teuer und fand daher keinen Eintritt in den Markt. Eine Möglichkeit, Biotreibstoff komplett ohne Nutzung von Landfläche herzustellen, ist die Züchtung von Algen in Meeren und Ozeanen. Der Ertrag pro Fläche ist dabei deutlich höher als bei ländlichem Biotreibstoff, insbesondere bei hoher Sonneneinstrahlung. Allerdings ist der Betrieb der Anlage sowie die Umwandlung von Algen in flüssigen Treibstoff bei stand heutiger Technologie deutlich zu hoch und somit nicht wirtschaftlich. Da es jedoch aufwendige Bestrebungen großer Unternehmen gibt, diese Kosten zu senken, ist eine optimistische Prognose für die Zukunft von Algentreibstoff gerechtfertigt.

Der deutlichste Vorteil von Biokraftstoffen neben der neutralen CO2-Bilanz ist die Tatsache, dass weder bei Tankstellen, Fahrzeugen oder beim Transport von Biokraftstoffen eine wesentliche Änderung der vorhandenen Methoden stattfinden müsste. Es könnte via Pipelines, Schiffen und Tanklastern transportiert und in heutigen Tankstellen verteilt werden. Auch die hochentwickelten Verbrennungsmotoren von heute würden nicht aussterben, sondern würden nur minimalen Modifikationen zur optimalen Leistungsausbeute unterzogen werden.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Antrieb der Zukunft eine Mischung aus vielen Antriebsarten sein wird, ähnlich wie die der Stromversorgung von heute. Die Vermutung, dass der Stadtverkehr von Elektromobilität dominiert wird, aufgrund der geringen Lärmbelästigung, keinerlei Ausstößen sowie der vergleichbar geringeren Reichweite und die Zugänglichkeit zu Steckdosen stärker gegeben ist, liegt nahe. Für den öffentlichen Verkehr scheint eine Mischung aus Elektroantrieb und der Brennstoffzelle sinnvoll, da ihr Zusammenspiel hohe Energie mit sauberer Luft kombiniert, was für große Fahrzeuge in Städten ausschlaggebende Kriterien sind. Da für das Transportwesen, abgesehen vom C02, Schadstoffemissionen eine untergeordnete Rolle spielen, liegt es nahe, dass dieser Sektor entweder vom Biokraftstoff oder dem Wasserstoff dominiert wird, je nachdem, welcher Treibstoff die wirtschaftlichere Produktion vorweisen wird und die Nutzfahrzeuge vermutlich von Biotreibstoff dominiert werden.

Die sich entwickelnde Variation von Antrieben und Treibstoffen wird ein Restrukturieren der Mineralölkonzerne und in manchen Fällen die Geschäftsaufgabe bedeuten. Dies wird Platz für neue Wettbewerber machen, die in den kommenden Jahrzehnten die Energielandschaft mitgestalten werden. Eine mögliche Entwicklung ist die Umgestaltung der bereits existierenden großen Konzerne in allgemeine Energiekonzerne, die sämtliche Treibstoffarten abdecken, da ihnen bereits heute große finanzielle Mittel zu Verfügung stehen und sie diese auch zur Forschung neuer Energiengewinnungsmethoden nutzen. Für neu in den Markt einsteigende Betriebe, scheint die Konzentration auf die Produktion nur einer Treibstoffart wahrscheinlicher.

Kostenreduktion:

Die Kosten für diverse Antriebsmodelle wurden oben in ihren Grundzügen angesprochen. Welche von ihnen sich durchsetzen werden, wird durch ihre Wirtschaftlichkeit bestimmt. Die Reduktion der Kosten ist jedoch mit der Art der Antriebe nicht getan. Die Digitalisierung des Verkehrs birgt großes Potential zur Reduktion von Kosten mit sich. Künstliche Intelligenz und Algorithmen, die den öffentlichen Verkehr nach Bedarf steuern, können das Verkehrsaufkommen deutlich reduzieren. Ansätze dafür gibt es bereits in einigen Städten. Carsharing, Carpooling oder Ridepooling: durch autonom fahrende Fahrzeuge reduziert sich der Zeitaufwand und die gefahrene Strecke. Intelligente und interaktive Verkehrssysteme ermöglichen einen reibungsloseren Verkehrsfluss, der Wartezeiten an Ampeln reduziert und der Entstehung von Staus entgegenwirkt. Dabei sind nicht nur die Einsparungen durch Treibstoff relevant. Zeiteinsparungen der Menschen in ihren Stundenlöhnen gewertet, kann einen deutlich größeren Betrag ausmachen.

Fazit

Die Automobillandschaft wird sich komplett umgestalten. Ähnlich der Entwicklung des Mobiltelefons vom einfachen Kommunikationswerkzeug gesprochener Sprache zum Allround-Talent, dass Einsatz in sämtlichen Bereichen des Lebens findet, wird das Automobil verbunden mit dem eigenen digitalen Netzwerk ähnlich weit in unser Leben eindringen. Die immensen Ausgaben zur Entwicklung des autonomen Fahrens und die damit verbundenen gesamtgesellschaftlichen Vorteile für Mensch, Umwelt und Wirtschaft sowie das Verändern der Verbraucherpräferenzen legen nahe, dass das eigenständige Fahren Schritt für Schritt zurückgedrängt wird, bis es nur noch als Entertainment auf gesonderten Strecken geduldet wird. Die gesamte Infrastruktur wird sich dem Fortschritt anpassen und es wird ein digitales Verkehrswesen entstehen. Viele Branchen, wie z.B. Fahrschulen werden verschwinden. Das die Vorliebe zu Automobilen sowie die weltweite Infrastruktur, die an das klassische Automobil angepasst ist und sich seit über hundert Jahren bewährt hat, dieser Entwicklung im Wege stehen werden, kann die Geschichte Aufschluss geben. Über Jahrtausende waren Pferde das Fortbewegungsmittel der Wahl. Trotz der Leidenschaft zum Reiten und der praktische Nutzen von Pferden hat sich die Reiterei als Zweckmittel binnen weniger Jahre praktisch aufgelöst und Pferdewege wurden zu Autostraßen umgebaut. Das Reiten ist zu einem Hobby geworden, dass nur noch auf ausgewiesenen Strecken gestattet ist. Fortschritt hat schon immer neue Vorlieben und Präferenzen hervorgerufen und wurde daher niemals von veralteten Präferenzen bedroht. Die Zeit lässt auch das Automobil nicht verschont - das Auto verschwindet, es beginnt die Ära der Smartcars!